23. April 2022 jannik

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Sesamstraße

Title Card, 1973. „Sesamstraße“ (im Original „Sesame Street“) ist eine US-amerikanische Puppenspiel-Fernsehserie für Kinder, die seit 1969 ohne Unterbrechungen von Jim Hensons Children's Television Workshop (bzw. Sesame Workshop) in New York City produziert und auf dem amerikanischen Sender PBS ausgestrahlt wird. Die Serie und ihre Charaktere, die sogenannten Muppets, sind weltweit sehr erfolgreich und beliebt; inzwischen gibt es über 4600 Episoden, die in über 140 Ländern ausgestrahlt wurden. Außerdem gibt es mehr als 20 internationale Fassungen, die auf dem originalen Konzept von Jim Henson, Joan Ganz Cooney und dem Muppet Workshop basieren: So seit 1977 z.B. in Deutschland, wo zuvor nur die synchronisierten US-Folgen in den Dritten Programmen der ARD liefen.

Die Serie wurde u.a. mit über 200 Emmy Awards und 11 Grammy Awards ausgezeichnet.

Konzept der Serie

Die Serie ist als Fernsehmagazin für Kinder konzipiert und stellt eine Kombination von Puppenspielszenen, Animation und Realfilm dar, wobei sich eine Rahmenhandlung, in der Menschen und Muppets gemeinsam auftreten, mit den verschiedenartigen Einspielerfilmen abwechselt. Thematisch werden u.a. Grundlagen des Lesens, Schreibens, des Zählens und Rechnens für Kleinkinder verständlich und anschaulich vermittelt. Im Laufe der Jahrzehnte hat sich außerdem u.a. die humorvolle Vermittlung von Themen wie Hygiene, gesunder Ernährung sowie von Verkehrsaufklärung etabliert. Der besonders für die Muppets typische Sinn für Humor zeichnet sich in den Puppenspielszenen darüber hinaus dafür aus, dass er auch ältere Kinder, Jugendliche sowie Erwachsene anspricht und sie nach dem Konzept der Sendung in den Lernprozess der Kleinkiner integriert.

Jim Hensons "Muppets"

Als die Pädagogin und Fernsehproduzentin Joan Ganz Cooney ab 1966 das Konzept einer täglich ausgestrahlten Fernsehsendung für Vorschulkinder und des Children's Television Workshop entwickelte, konnte sie den Oscar-nominierten Produzenten, Regisseur, Autoren, Puppenspieler und Erfinder der Muppets Jim Henson (*1936-†1990) für die gemeinsame Weiterentwicklung des Projekts gewinnen.

Die US-amerikanischen Puppenspieler Richard Hunt, Jim Henson und Frank Oz mit Ernie und Bert. Muppets ist ein von Henson erdachtes Kunstwort aus den Wörtern „Marionetten“ (engl. marionettes) und „Puppen“ (engl. puppets). Bereits seit 1954 war Jim Henson mit eigenen Puppenspielserien (wie zB. „The Junior Morning Show“ und „Sam and Friends“) fürs amerikanische Fernsehen tätig und revolutionierte das Genre des Puppenspiels durch die Innovation der Klappmaulfigur im Gegensatz zur herkömmlichen Handpuppe, dem teilweise separaten Spiel von Händen (durch mit den Puppen verbundenen Handschuhen) und durch die Weglassung von sichtbaren herkömmlichen Spielleisten, die bühnenartig das Figurengeschehen einrahmten: Henson erkannte, dass der Bildausschnitt der Kamera selbst die Funktion dieser Beschränkung des Sichtbaren erfüllte. Mit seiner 1958 gegründeten Firma Muppets Inc. produzierte er außerdem zahlreiche TV-Werbespots mit Klappmaulpuppen. Durch die Auftritte seiner Figur Rowlf dem Hund in der „Jimmy Dean Show“ erlangte er in den 1960er Jahren landesweite Bekanntheit und seine Muppets traten in vielen weiteren populären Unterhaltungssendungen auf, wie zB. der „Ed Sullivan Show“. So u.a. auch seine Figur Kermit der Frosch, die bereits 1955 in „Sam and Friends“ auftrat. Einige seiner ersten und wichtigsten Mitarbeiter waren neben seiner Frau, der Puppenspielerin Jane Nebel, Franz Oz, den er später als „den besten Puppenspieler der Welt“ bezeichnete, der Autor Jerry Juhl, welcher in 35 Jahren die Drehbücher von fast jeder Muppet-Produktion schrieb, sowie der Puppenbauer Don Sahlin, der die Grundlagen von Hensons Muppet Workshop ebnete.

Für Cooney und den 1968 gegründeten Children's Television Workshop entwickelte Jim Henson trotz erster Bedenken, ein Fernsehformat für Kinder könne dem Image der Muppets als Unterhaltung für Erwachsene schaden, neue Figuren, die er außerdem selbst gemeinsam mit Frank Oz, dem Puppenspieler Carroll Spinney und anderen bis zu seinem Tod 1990 spielte. Der einzige bereits etablierte Muppets-Charakter, der auch in der „Sesame Street“ regelmäßig auftrat war der von Henson gespielte Kermit der Frosch. Neue Figuren waren zunächst unter vielen anderen das Duo Ernie und Bert, Bibo (im Original „Big Bird“), Oscar der Griesgram, und das Krümelmonster. 1970 kam das Monster Grobi (im Original „Grover“) dazu und ab 1972 die Figur Graf Zahl. Viele Puppen wurden unter Hensons Aufsicht von Don Sahlin und Kermit Love gebaut. Der Muppet Workshop übernahm im Laufe der 1970er Jahre die Verantwortung für die Entwicklung der erfolgreichen Serie, während Henson selbst sich mehr auf andere neue Projekte konzentrierte.

Die Muppets waren später in zahlreichen Fernsehspecials, Serien wie der „Muppet Show“ (1976-1981) und u.a. in ihrem ersten Kinofilm „The Muppet Movie“ (1979) zu sehen und weltweit erfolgreich. Der NDR-Redakteur Winfried Debertin ließ sich beim Erfinden der deutschen Kinderserie "Hallo Spencer" stark von Jim Hensons Muppets und dem Vorbild der „Sesamstraße“ inspirieren.

Die "Sesamstraße" in Deutschland

Die Redaktion der "Sesamstraße", 1980. Die seit 1973 im NDR ausgestrahlten bundesdeutschen Folgen der „Sesamstraße“ basierten durchgehend auf dem US-amerikanischen Format des Children’s Television Workshop (damals auch CTW abgekürzt). Gleichzeitig eröffneten jedoch die mit dem CTW geschlossenen Verträge die Möglichkeit, eigene Beiträge für die einzelnen Folgen zu produzieren; zunächst Animations- und Einspielfilme sowie Aufnahmen vor Ort mit dem Ü-Wagen. Ab 1978 kamen dann im Studio Hamburg produzierte Rahmenhandlungen mit deutschen Schauspielern und eigens für die deutsche Fassung hergestellten Muppets hinzu. Laut Redakteurin Angelika Paetow, die ab 1975 die Arbeitsgruppe Sesamstraße begleitete, konnten die Deutschen so ihre eigenen pädagogischen Akzente setzen: „ohne erhobenen Zeigefinger lernen und speziell soziales Verhalten, Selbstbewusstsein und Kreativität üben.“1)

Synchronisation

Nach ihrem Programmstart in den Vereinigten Staaten 1969 sind die Muppets aus der „Sesame Street“ auch schnell in Europa bekannt geworden. Bereits seit 1971 liefen synchronisierte US-Folgen in Italien.

Die westdeutschen Sendeanstalten wurden aufmerksam. Vor allem das ZDF, das sich damals im Kinderprogramm bereits mit US-Importen wie „Flipper“ profiliert hatte, signalisierte großes Interesse. Aber auch bei der ARD war man bereits seit einiger Zeit auf der Suche nach neuen Kinderprogrammen.

(Hans-Ulrich Wagner, Januar 2013)

Schon seit 1968 war ein gemeinsames ARD-Kleinkinderprogramm als Teil des Nachmittags- und Familienprogramms im Gespräch. Im März 1971 wurde schließlich die „Arbeitsgemeinschaft Vorschulerziehung der ARD“ gegründet, die den Austausch der Programmverantwortlichen mit Entwicklungspsychologen, Pädagogen, Erziehern und Lehrern zum Ziel hatte. Als Vertreter des Norddeutschen Rundfunks waren die Redakteure Karl-Heinz Grossmann und Jürgen Weitzel (der spätere Redaktionsleiter der „Sesamstraße“) in der Arbeitsgruppe tätig. Grossmann erhielt vom Intendanten des NDR sowie von der Konferenz der Dritten Fernsehprogramme der ARD den Auftrag, mit den CTW-Vertretern in New York zu verhandeln und brachte als ersten Erfolg ein Paket von 35 einstündigen Folgen aus den USA mit. Die Prüfung des Materials geschah nicht nur intern mit den Fachleuten, sondern auch öffentlich: der NDR sendete fünf Episoden der „Sesame Street“ in der Osterwoche vom 5. bis 9. April 1971 als englischsprachiges Original im gemeinsamen Fernsehprogramm von NDR, RB und SFB. Am Ende jeder Folge wurde das Publikum aufgefordert, dem Sender Meinungen mitzuteilen und zu der möglichen Übernahme eines größeren Filmpakets aus den USA Stellung zu beziehen.

Ein Ankauf für das ARD-Gemeinschaftsprogramm wurde aufgrund der Einsprüche des Bayerischen Rundfunks abgelehnt. Der Verwaltungsrat des NDR stimmte jedoch dem Erwerb der Fernsehrechte zu, während das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft den Ankauf mitfinanzierte. Das US-amerikanische Format sollte grundsätzlich übernommen werden, jedoch technisch überarbeitet, zB. auf 30 Minuten gekürzt. Elemente, die zu sehr auf die amerikanische Situation zugeschnitten schienen, sollten entfernt und durch vom NDR hergestelltes Neumaterial ersetzt werden. Im Dezember 1971 war das Vertragspaket zwischen CTW und dem NDR abgeschlossen, die Rechte für das große Filmpaket betrugen 2,4 Millionen DM bzw. 700.000 Dollar und der Norddeutsche Rundfunk wurde die für die Entwicklung der deutschen Fassung verantwortliche Landesrundfunkanstalt. Ingfried Hoffmann komponierte das deutsche Titellied „Der, die, das“ für die „Sesamstraße“.

Ab dem 8. Januar 1973 wurden zunächst etwa 250 auf deutsch synchronisierte Folgen in den Fernsehprogrammen von NDR/RB/SFB, WDR und HR täglich ausgestrahlt. Die avancierte Antwort des Bayerischen Rundfunks auf die „Sesamstraße“ war die Kinderserie „Das feuerrote Spielmobil“ (1972-1981), die im BR, im SDR (Süddeutschen Rundfunk) und im SR (Saarländischen Rundfunk) als Ersatzprogramm lief.

Ab 1975 arbeitete Angelika Paetow, zunächst als Praktikantin, dann als Redaktionsassistentin und schließlich ab 1977 als Redakteurin in der Arbeitsgruppe Sesamstraße, die Jürgen Weitzel leitete. Schon zu Beginn ihrer Karriere war Paetow neben der Betreuung von den alljährigen Synchronarbeiten im Studio Hamburg auch an der Produktion von deutschem Neumaterial, das bis 1978 30% der ansonsten synchronisierten Sesamstraßen-Folgen ausmachte, beteiligt. Sie visualisierte Konzepte, entwickelte Geschichten, übernahm Regie-Assistenzen und Komparsenrollen bei den Einspielerfilm-Dreharbeiten und stand im NDR-eigenen Trickstudio, um in Einzelbildschaltung Kopfpuppen über den Tricktisch zu schieben. Es wurde in allen Genres produziert und die unterschiedlichsten Themen waren möglich, einzige Beschränkung war stets die maximal fünf-minütige Dauer der Einspieler. Paetow arbeitete über 30 Jahre in der Redaktion der Sesamstraße und übersetzte zahlreiche Dialogbücher der amerikanischen Puppenszenen ins Deutsche.

1976 fing Winfried Debertin als Praktikant beim NDR an und assistierte zunächst dem Regisseur und Autor Christoph Busse, welcher ca. 80 Songtitel für das deutsche Neumaterial schrieb und bereits seit Anfang der 1970er Jahre zahlreiche komödiantische Einspielerfilme (später gemeinsam mit Debertin) entwickelte und inszenierte. Busse prägte mit seinen Regie-Arbeiten und seiner Musik die künstlerische Entwicklung der deutschen „Sesamstraße“ maßgeblich. In seinen Kurzfilmen und Musikgeschichten trat außerdem der junge Patrick Bach, der Sohn seiner Regie-Assistentin Beate Bach, auf. Im Laufe der 1970er Jahre nahm die Kritik an der Serie seitens der Eltern jedoch zu; insbesondere die amerikanischen Rahmenhandlungen und unordentliche Figuren wie Oscar der Griesgram wurden infrage gestellt. Daraufhin wurde als erste Konzeptänderung 1976 der Anteil des neuproduzierten deutschen Materials erhöht und ein Großteil der amerikanischen Straßenszenen mit Bibo, Oscar und den meisten US-amerikanischen Schauspielern reduziert bzw. weggelassen. Die Kritik war außerdem Anlass für den Auftrag einer deutschen, unabhängig vom CTW produzierten Antwort auf die „Sesamstraße“, den Winfried Debertin vom NDR erhielt. In seinen ersten Jahren als Redakteur entwickelte Debertin gemeinsam mit Angelika Paetow die Puppenspielserie "Hallo Spencer".

1984 wurde eine Reihe der synchronisierten US-Folgen unter dem Titel „Ein Wiedersehen mit Bibo und Oscar“ wiederholt. Außerdem wurden auch nach 1978 weiterhin die sketchartigen Puppenspielszenen als Einspieler aus dem Original ins Deutsche übersetzt, synchronisiert und in der deutschen Fassung verwendet.

Erste deutsche Rahmenhandlungen

1977 ließ man nach den ersten 440 Folgen eine Studio-Kulisse (keine Wohnstraße, sondern eher eine Art offenes Haus) im Studio Hamburg bauen, in welcher neue Rahmenhandlungen (damals „Einwickelgeschichten“ genannt) u.a. mit namhaften deutschen Schauspielern wie zB. Lilo Pulver und den neuen, eigens für Deutschland entworfenen, von Kermit Love (vom Muppet Workshop) gebauten Puppen Samson und Tiffy, die einen Ersatz zu Bibo und Oscar darstellen sollten, produziert wurden. Diese neu konzipierte deutsche „Sesamstraße“ wurde ab Januar 1978 ausgestrahlt und entwickelte sich bis in die 1980er Jahre weiter; Ensemble-Konstellationen änderten sich und recht schnell wurden außerdem neue Figuren wie die Schnecke Finchen (ebenfalls von Kermit Love gebaut) und Uli von Bödefeld (als erste in Deutschland hergestellte Puppe von Puppenspieler Peter Röders gebaut) eingeführt. Neben Röders waren seine Frau Kerstin Siebmann-Röders, Benita Steinmann, sowie Martina Bernsdorf und ihr Mann Lothar Klose die ersten Puppenspieler der deutschen „Sesamstraße“. Bernsdorf und Klose wirkten als Puppenspieler 1978 außerdem an den ersten Pilotfilmen für "Hallo Spencer" mit, konzentrierten sich dann jedoch wieder auf ihre Arbeit für die „Sesamstraße“; Martina Bernsdorf spielte bis 1988 die Hände von Tiffy und Lothar Klose assistierte Peter Röders beim Spielen der Ganzkörperpuppe Samson und spielte bis 1983 die Schnecke Finchen.

Zum zehnjährigen Jubiläum der deutschsprachigen „Sesamstraße“ trat die Titelfigur Spencer (gespielt von Joachim Hall) aus „Hallo Spencer“ 1983 in einem Beitrag der ARD-Reihe „Wir über uns“ auf und stellte dem Publikum die „Sesamstraße“ vor.

Die Darsteller Gernot Endemann und Hildegard Krekel mit Regisseur Jan Fantl, zwei Gastkindern und den Puppen Tiffy (Marita Stolze) und Samson (Herbert Langemann), 1986. In den Jahren 1984 und 1985 wurden keine neuen Episoden produziert, stattdessen wurden zahlreiche Sesamstraßen-Folgen von 1978 bis 1983 in willkürlicher Reihenfolge und in bearbeiteter Fassung wiederholt. Ab 1986 produzierte der NDR dann wieder neue Folgen im Studio Hamburg in veränderter Kulisse und mit neugebauten Muppets. Regie führte Jan Fantl. Samson wurde von nun an von Herbert Langemann bis zu dessen Tod im Jahr 1987 gespielt (die Folgen mit Langemann wurden bis 1988 ausgestrahlt) anschließend von Matthias Bullach. Ab 1986 trat mit Winfried Debertins Leonie Löwenherz (zuerst auch Leonie Löwenzahn) außerdem eine zweite nicht vom Muppet Workshop sondern in Deutschland hergestellte Puppe in einigen Folgen der „Sesamstraße“ auf, u.a. gespielt von Andrea Bongers. Die Löwin Leonie erhielt nach ihrem letzten Sesamstraßen-Auftritt (1989) wenige Jahre später schließlich eine eigene von Penta TV produzierte Fernsehserie. 1988 wurden die Kulissen, Originalpuppen, sowie auch ein Teil der Ausstattung zu "Hallo Spencer" bei dem Großbrand eines Außenlagers des NDR in Buxtehude zerstört. Die Figur Uli von Bödefeld (gespielt von Benita Steinmann) wurde mit diesem Umbruch aus der Serie genommen.

Als Mitte der 1980er Jahre die Tochter ihres Kollegen Armin Maiwald geboren wurde, kam Redakteurin Angelika Paetow auf die Idee, das Wachsen und die Fortschritte dieses kleinen Mädchens in sogenannten „Johanna kann…“-Filmen zu zeigen. Maiwald setzte diese Filme unter einigen Bedingungen gemeinsam mit seiner Frau und seinem Sohn sieben Jahre für die „Sesamstraße“ um.

Deutsche Straßenszenen als neue Rahmenhandlungen

Rumpel, Samson, Buh, Finchen, Leonie Löwenherz, Simson, Tiffy und Gernot Endemann als Fahrradhändler "Schorsch", 1989. Ab 1989 wurde das Konzept der neuproduzierten Folgen, die weiterhin im Studio Hamburg hergestellt wurden, komplett verändert. Die Muppets wurden in veränderter Optik neugebaut und statt der Studio-Kulisse baute man eine Wohnstraße mit einem Hinterhof und u.a. dem bereits 1986 eingeführten Fahrradladen als Szenenbild. Die Rahmenhandlungen spielten nun, ähnlich wie in den Straßenszenen des amerikanischen Originals, wieder hauptsächlich auf einer Straße (der Sesamstraße). Neue Figuren neben Samson, Finchen und Tiffy (bereits seit 1986 von Marita Stolze gespielt) wurden der in einer Tonne lebende Griesgram Rumpel, welcher als Negativcharakter ein Ersatz für Herrn von Bödefeld darstellte und stark an dem Vorbild des „Sesame Street“-Originals Oscar angelehnt war, sowie die Eule Buh und Samsons Vetter Simson, der bis 1999 regelmäßige Gastauftritte hatte. Leonie Löwenherz hatte nur im Produktionsjahr 1989 noch einige Auftritte. Einige Puppenspieler des Teams von "Hallo Spencer" arbeiteten ab 1989 parallel für die „Sesamstraße“. Rumpel wurde von Achim Hall gespielt, Buh von Friedrich Wollweber, Karime Vakilzadeh spielte die Hände von Tiffy und die Schnecke Finchen wurde von Wilhelm Helmrich (bis zu seinem Tod 1991) gespielt, danach von Uta Delbridge und ab 1999/2000 von Andrea Bongers. Im Laufe der 1990er Jahre kam außerdem Karin Kaiser als Puppenspielerin dazu. Seit 1992 wurde Samson von Klaus Esch gespielt. Der Puppenspieler Friedrich Wollweber hatte auch Auftritte als Schauspieler in der Serie. Achim Hall, Wilhelm helmrich und Tiffy-Spielerin Marita Stolze besuchten um 1990 die Dreharbeiten der originalen „Sesame Street“ in New York.

Angelika Paetow vertrat die gemeinsame Redaktion von „Hallo Spencer“ und der „Sesamstraße“, die bis 1993 parallel vom NDR produziert wurden. Da die Beliebtheit der „Sesamstraße“ konstant blieb, kam es zu keiner Ablösung des Formats durch die als mögliches Ersatzprogramm konzipierte Serie „Hallo Spencer“. Der NDR veröffentlichte ab 1989 gemeinsames Merchandising wie zB. Sticker, die als Motive sowohl eine Auswahl der neuen wie der bewährten deutschen und amerikanischen Figuren der „Sesamstraße“ mit der zusätzlichen Kennzeichnung CTW enthielt, als auch Poldi und Spencer aus „Hallo Spencer“ mit der Kennzeichnung Debertin anstelle von CTW.

Zahlreiche Episoden wurden von Regisseur Klaus Wirbitzky inszeniert, vertretungsweise trat u.a. auch nochmals Christoph Busse, der zuvor bis 1983 Einspielerfilme für die „Sesamstraße“ schrieb und inszenierte, als Regisseur in Erscheinung. Regelmäßig wurden bis in die 1990er Jahre auch noch Folgen von vor 1989 mit der alten Studiokulisse wiederholt.

Seit den 2000er Jahren wurden zahlreiche neue Puppen und menschliche Charaktere in sich regelmäßig verändernden Schauspielensemble-Konstellationen eingeführt, das Konzept entwickelte sich in eine Comedy-Richtung. Anstelle des Fahrradladens als zentralen Handlungsort wurde ein Marktplatz mit Lebensmittelgeschäft eingeführt, Friedrich Wollwebers Charakter Buh wurde 2002 aus dem Konzept genommen, 2005 wurde die langjährige Figur Tiffy (zuletzt gespielt von Sabine Falkenberg) ebenfalls gestrichen. Seit 2006 wurden auch beliebte Figuren wie Ernie und Bert aus den auf deutsch synchronisierten Puppenspielsketchen der Originalserie in die in Hamburg produzierten Rahmenhandlungen integriert; ihre deutschen Puppenspieler wurden Martin Paas und Carsten Morar-Haffke. Außerdem wurden auch parallel zur Synchronisation amerikanischer Sketche mit den Muppets nun vermehrt deutsche Einspielerfilme mit Puppen gedreht. Ende der 2000er Jahre wurde sowohl das Schauspiel-, als auch das Puppen-Ensemble aufgrund von Sparmaßnahmen wieder etwas reduziert. Noch bis 2009 wurde die „Sesamstraße“ trotzdem produziert, bevor sie dann nach einer mehrjährigen Drehpause mit erneut komplett verändertem Konzept ein Comeback feierte. Achim Hall spielte seine Figur Rumpel, die 2002 um die Figur eines regelmäßig auftretenden Freundes, der Raupe Gustav (gespielt von Andrea Bongers), ergänzt wurde, bis zur endgültigen Aufgabe des Marktplatz-Konzepts im Jahr 2009. Von 2002 bis 2010 leitete Angelika Paetow als NDR-Abteilungschefin des Familien- und Kinderprogramms die Redaktion der „Sesamstraße“.

In den Jahren 2009 bis 2011 wurde eine Auswahl der Episoden aus den Produktionsjahren 2003 bis 2008 wiederholt, die Folgen wurden bearbeitet und zB. durch neuproduzierte deutschen Ernie und Bert-Sketche ergänzt.

Elmos Baumhaus

Nach drei Jahren Pause werden seit 2012 wieder neue Sesamstraßen-Folgen produziert, jedoch in einem völlig veränderten Format mit dem Monsterkind Elmo (bekannt aus den synchronisierten US-Puppenspielszenen der Originalserie) sowie der menschlichen Bezugsperson Julia (gespielt von Julia Stinshoff) als zentrale Figuren. Elmo lebt in diesem Konzept in einem Baumhaus, welches auch den zentralen Handlungsort der Rahmengeschichten darstellt. Auch der Aufbau der Episoden hat sich allerdings seit 2012 stark verändert, sodass die Bezeichnung „Rahmengeschichte“ nur noch bedingt zutrifft. Die langjährige Hauptfigur Samson tritt ab 2013 sporadisch als Gast auf, während die in den 2000er Jahren eingeführten Charaktere Wolle und Pferd, sowie die inzwischen seit über 20 Jahren von Andrea Bongers gespielte Schnecke Finchen der Sendung erhalten geblieben sind. Darüberhinaus werden weiterhin neue Beiträge mit dem Duo Ernie und Bert, sowie mit ebenfalls aus den langjährig gezeigten amerikanischen Muppets-Sketchen bekannten Monstern Grobi und Krümelmonster in Deutschland produziert. Im Gegensatz zu den früheren Formaten wird nun ein Großteil mithilfe von Greenscreen statt mit echten Kulissen und Szenenbildern hergestellt und das Puppenspiel mit zahlreichen Animationssegmenten kombiniert.

Episoden

Episoden Produktionsjahr(e) Beschreibung der Staffeln Ausstrahlung
1-247 USA, 1970-1974 / BRD, 1972-1975 Synchronisierte und bearbeitete US-Folgen 1973-1975
248-440 1976-1977 Stärkere Bearbeitung der US-Folgen: Kürzung der originalen Rahmenhandlungen und höherer Anteil an neuproduzierten Realfilmgeschichten als Ersatz 1976-1977
441-628 1977-1978 Deutsche Rahmenhandlungen in der Studio-Kulisse2) 1978-1979
629-798 1979-1980 Deutsche Rahmenhandlungen in der Studio-Kulisse3) 1980-1981
799-1026 1981-1983 Deutsche Rahmenhandlungen in der Studio-Kulisse4) 1982-1984

(wird erweitert)

Sonderfolgen und Spin-Offs

(wird erweitert)

Mitwirkende und Verbindungen zu "Hallo Spencer"

(wird erweitert)

(wird erweitert)

1)
Wagner, Hans-Ulrich: Die „Sesamstraße“. Ein Pionier des Kinderfernsehens. 2013 veröffentlicht auf: ndr.de
2)
mit Lilo Pulver und Henning Venske
3)
mit Lilo Pulver, Uwe Friedrichsen, Horst Janson und Ilse Biberti (ab 1980/81 Ute Willing)
4)
mit Lilo Pulver, Manfred Krug, Horst Janson und Ute Willing